Benzodiazepine

Einleitung

Alternativen für Diazepam 

Diazepam Mepha Tbl. wurde vom Markt genommen, für VALIUM®-Tabletten besteht ein Lieferengpass, so dass Diazepam in Tablettenform in der Schweiz auf absehbare Zeit nicht erhältlich sein wird. Es stellt sich daher die Frage nach mgl. alternativen Präparaten. 

  • PSYCHOPAX® Tropfen (Curatis) enthalten ebenfalls Diazepam und können überbrückend für niedrige Dosierungen eingesetzt werden (3 Tropfen enthalten 1 mg Diazepam); die Lösung enthält 38 Vol.-% Alkohol. Für höhere Dosierungen erscheint die Verschreibung von PSYCHOPAX® Tropfen nicht empfehlenswert. Darüber hinaus sind hier nur relativ geringe Mengen erhältlich, so dass andere Alternativen in Betracht gezogen werden müssen. 
  • Grundsätzlich könnte jedes Benzodiazepin ersatzweise eingesetzt werden, es empfiehlt sich jedoch, hierbei auf die Halbwertszeit (Wirkdauer, Stabilität der Blutspiegel), die Anflutungsgeschwindigkeit (Wirkbeginn, Abhängigkeitspotenzial) und die Darreichungsform (Tbl., Trp.) zu achten. 
  • Darüber hinaus kann die Indikation in der Zulassung abweichen, so dass eine off-label-Behandlung die Folge sein kann. 
  • Für die Berechnung der Äquivalenzdosis gibt es Umrechnungstabellen
  • Es ist zu beachten, dass die Äquivalenzdosen orientierende Angaben sind, die im Einzelfall abweichen können, was Anpassungen der Dosis nach sich ziehen kann. Bei hohen Umstellungsdosierungen hat sich daher auch eine überlappende Umstellung über mehrere Tage bewährt, falls noch Restbestände an Diazepam vorhanden sind. 
  • Als alternative länger wirksame Benzodiazepine kommen folgende Präparate in Frage für eine Umstellung (aufgrund der langen HWZ ist mit einer Kumulation innerhalb der ersten Tage zu rechnen):
    • Clonazepam (RIVOTRIL®) Tbl. in den Stärken 0.5mg und 2mg 
    • retardiertes Alprazolam (XANAX® retard) in den Stärken 0.5mg, 1mg, 2mg und 3mg
    • Bromazepam (LEXOTANIL®) Tbl. in den Stärken 1.5, 3 und 6 mg 
    • Prazepam (DEMETRIN®) Tbl. in den Stärken 10 oder 20 mg 
  • Als weitere Alternative kommen von den mittellang wirksamen Benzodiazepinen Oxazepam (SERESTA® Tbl. 15 mg oder forte 50 mg, ANXIOLIT® Tbl. 15 mg) und Lorazepam (TEMESTA® Tbl. 1 und 2.5 mg) in Frage. Der Wirkstoff Oxazepam ist Abbauprodukt von Diazepam. Die Gaben müssen wegen der kürzeren Halbwertszeit allenfalls über den Tag verteilt werden. 

15.12.22: SSAM

  • Beim Thema Benzodiazepine scheiden sich die Geister unter Suchtfachleuten bezüglich dem Abhängigkeitspotential.
    • Vor allem Suchtfachleute mit ärztlichem Hintergrund, die selber auch Benzodiazepine verschreiben können, sehen das nützliche Potential als Heilmittel und die geringe Toxizität (bei normaler Dosierung).
      • Benzodiazepine wie auch die etwas beschönigend 'Nicht-Benzodiazepine' genannten '3 Z' (Zolpidem (Stilnox®), Zopiclon (Imovane®) und Zaleplon (Sonata®, in der Schweiz seit 2013 nicht mehr erhältlich)), die aber auch am gleichen Rezeptor ansetzen und sich wie Benzodiazepine mit Flumazenil (Anexate®) antagonisieren lassen, sind eigentlich gute, sichere und sehr wirksame Medikamente.
      • Bei gegebener Indikation (Angst, Panik, akute situative Schlaflosigkeit, starke Anspannung oder Erregung) können sie problemlos bis zu einem Zeitraum von etwa 2 Wochen (gemäss Kompendium bei einigen Substanzen bis maximal 8 Wochen) gegeben werden.
    • Suchtfachleute ohne ärztlichen Hintergrund erleben häufig, vor allem die negativen Seiten, wie affektive Indifferenz, Stimmungsschwankungen oder Vergesslichkeit bei Menschen, die über längere Zeit Benzodiazepine (meist ohne Indikationsstellung und in zu hohen Dosen) einnehmen.
      Oft sind auch bei langdauernder Einnahme nicht alle Abhängigkeitskriterien vollständig erfüllt. Unbestritten ist aber, dass bei einem längeren oder wiederholten Gebrauch eine Gewöhnung entstehen kann. Beim Absetzen kann es zu Entzugserscheinungen kommen.
    • Der aktuelle Wissenstand über Benzodiazepine wird in zwei richtungsweisenden Dokumenten zusammengefasst:
  • Menschen mit einer Benzodiazepinabhängigkeit, vor allem im Low-Dose-Bereich, fühlen sich nur selten abhängig; sie selber wie auch die behandelnden Ärzte beachten die Risikofaktoren für eine Abhängigkeitsentwicklung zu wenig. Es lohnt sich, die Patienten anhand des typischen Phasenmodells der Abhängigkeitsentwicklung aufzuklären.
  • In der Diskussion über Benzodiazepine muss zwischen verschiedenen Patientengruppen unterschieden werden. Sie bedürfen verschiedener Behandlungsstrategien:
  • Siehe auch berufsethischer Leitfaden für Heim- und Hausärzte


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